Die Pflege im Januar 2022: Zwischen Pflegebevollmächtigten & Bonuszahlungen

Die Pflege im Februar 2022: Impfpflicht und Branchenflucht?

Zusammen mit Pflegepionieren Annemarie Fajardo auf die Ereignisse und Nachrichten im Februar 2022. Was hat die Pflegebranche beschäftigt?

Der zweite Monat des Jahres 2022 ist vorbei und wir ziehen unser Resümee mit Pflegepionierin Annemarie Fajardo. Wir fragen uns: Was hat die Pflegebranche beschäftigt, was war das Highlight des Februars?

Kurzer Begriffsexkurs: Wenn wir von Highlight sprechen, meinen wir hiermit ein Ereignis, dass hervorgestochen ist und den Diskurs der Pflegebranche dominierte. So kann es natürlich auch ein „Lowlight“ sein, wenn wir von einer negativen Entwicklung berichten. Dennoch verwenden wir die Formulierung des Begriffs „Highlight“, da diese Ereignisse andere des Monats in ihrer Aussagekraft überstrahlen. 

Was hat die Pflegebranche und das gesellschaftliche Gespräch um die Pflege diesen Monat also beschäftigt, Annemarie? 

Da kann ich in erster Linie die Diskussion um die Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impflicht nennen. Das war der Ansatz, den Markus Söder Anfang des Monats in Bayern verfolgen wollte. Er vertrat die Meinung keine Impflicht setzen zu können, aufgrund des enormen Drucks, den sein Land in den Kliniken und Pflegeeinrichtungen spüren würde. Man müsse sich bewusst machen, dass von einer solchen Impflicht nicht nur die Pflegenden, die direkt an Bewohner:innen und Patient:innen arbeiten betroffen sind, sondern auch Mitarbeitende, die nur indirekt mit Bewohner:innen und Patient:innen zu tun haben, also sich in den Unternehmens- und Gebäudestrukturen aufhalten. Das heißt z.B. Hausmeister:innen, IT-Techniker:innen, Reinigungskräfte oder Hauswirtschaftler:innen. 

Das Interessante an dieser Entwicklung war nicht etwa Söders Begründung, sondern der Fakt, dass er seinen eigenen politischen Weg gehen wollte. Unabhängig der Bundesgesetze. Das hat eine Welle geschlagen, der auch andere Bundesländer folgen wollten. Gesundheitsminister Lauterbach kritisierte diese Diskussion. Er mahnte, dass es absolut wichtig sei dieses Gesetz auf Bundesebene umzusetzen und sich die Länder daran zu halten hätten. 

Welche Ursachen und Gründe könnte Söder für seine Entscheidung gehabt haben? 

Kombinieren wir seine Entscheidung einmal mit dem Wissen darum, dass wir in der Branche deutlich mehr Pflegekräfte als bisher zu verzeichnen haben, die sich arbeitslos gemeldet haben. Um eine konkrete Zahl zu nennen: Ungefähr 12.000 zwischen Ende 2021 und Anfang 2022 (Altenpflege-Online, 2022). Besonders die Altenpflege ist durch Corona stark belastet. 61 Prozent der in Alten- und Pflegeheimen Beschäftigten geben an, dass ihre Arbeitsbelastung durch die Corona Pandemie deutlich zugenommen habe“ (Altenpflege-Online, 2022). Kein anderer Gesundheitssektor fühlt sich so stark ausgebrannt wie der Pflegesektor. Die in dem Artikel ausgeführte Studie macht deutlich, wie hoch der psychische Druck, unter dem Pflegende während der Corona-Pandemie stehen, ist: 

„Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) gab an, dass Menschen sie aufgrund ihrer Tätigkeit in der Pflege gemieden hätten, weil sie Angst vor einer Ansteckung hatten (…) Unabhängig von den zusätzlichen Belastungen der Corona-Pandemie gaben 84 Prozent der Pflegefachpersonen an, sich sehr stark bzw. stark belastet zu fühlen, mehr als bei der letzten Befragung vor zwei Jahren. 41 Prozent haben häufig das Gefühl der Hilflosigkeit. Beschäftigte in Altenheimen schieben durchschnittlich 92 Überstunden vor sich her. Knapp drei Viertel trägt sich zumindest manchmal mit dem Gedanken, aus dem Beruf auszusteigen“ (ebd.) 

Natürlich ist es angesichts dieser Zahlen ein nachvollziehbarer Gedankengang, möglichst viele Pflegekräfte in der Branche zu halten und nicht durch eine Impflicht in einen Berufsausstieg zu treiben.

Denn die Impflicht ist oft nur noch der letzte kleine Tropfen auf einem brodelnden Stein, der den Titel Kündigung trägt.  

Man muss hierbei jedoch auch mitdenken, dass es zwei Seiten der Medaille gibt: Die Seite der Pflegebeschäftigten und die Seite der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen. Der Schutz der vulnerablen Patientengruppen muss gewahrt bleiben. Und das ist in der momentanen Zeit bei ungeimpften Pflegekräften einfach weniger gewährleistet als bei ihren geimpften Kolleg:innen, was inzwischen vielfach wissenschaftlich belegt werden konnte. Pflegebedürftige haben Angst sich anzustecken. Vor allem, wenn sie sich aufgrund von Erkrankungen nicht selber impfen lassen können. Hier stehen wir vor großen moralischen Fragen und einem Ausblick, uns als Gesellschaft und unsere gemeinsamen Werte insgesamt zu hinterfragen. 

Die Pflegebranche steht neben all den anderen Problemen der Arbeitnehmer:innen vor einem weiteren Problem und einer moralischen Hürde. Wir müssen hier jedoch an einem Strang ziehen. Eine länderinterne Regelung kann nicht die Lösung sein. Wir müssen uns auf einen gemeinsamen Weg einigen, der bundesweit konsequent durchgeführt werden kann. Einen Weg, der sowohl Pflegekräfte in ihren Stellen hält wie auch Pflegebedürftige und ihre Angehörigen schützt. 

Über die Expertin und Autorin dieses Beitrages

Profilbild von Annemarie Fajardo

Annemarie Fajardo

Hallo, ich bin Annemarie und bei den Pflegepionieren für Pflegemanagement mit dem Schwerpunkt ambulante und stationäre Altenhilfe. Ich bin Pflegepionierin, weil ich persönlich Pionierarbeit in der Pflegebranche in Deutschland als eine sehr wichtige Grundlagenarbeit erachte. Gerne möchte ich meinen Teil zur Verbesserung der Pflege beitragen.

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